WAA Winter Star Party 2005

Mariazell, 8. - 11. Dezember 2005

Heuer fällt unsere Winter Star Party auf ein langes Wochenende. Mariazell präsentiert sich tiefwinterlich und die Kombination von Marienfeiertag, Mariazeller Advent und Wintersport läßt den kleinen Ort aus allen Nähten platzen. Und da kommen dann auch noch jede Menge Leute aus Wien zum Sterngucken.

Unsere heurige Winter Star Party wird zwar astronomisch nicht der große Erfolg, denn die anfangs so optimistischen Wetterprognosen sollen sich leider nicht erfüllen. Der guten Stimmung tut das keinen Abbruch und der Ausklang entschädigt dann noch für so ziemlich alles.

Ouverture unter Cirren

Donnerstag, 8. Dezember 2005

Ich reise einen Tag früher, als unsere heurige Winter Star Party eigentlich angekündigt ist, nach Mariazell. Familie Apolloner und Sibylle Pastyrik sind auch schon da, und so verbringt ein kleines Grüppchen einen ersten Abend auf der Sternwarte.

Die Bedingungen sind leider nicht so gut wie erwartet. Hohe Wolken trüben den Blick auf die Sterne. An Deep Sky Beobachtung oder gar Fotografie ist nicht zu denken. Der Mond und die hellen Planeten Venus, Mars und Saturn sind lohnende Ziele, wenngleich auch das Seeing nicht so richtig mitspielt. Immerhin lassen sich Mars und Saturn mit der Webcam einfangen.
Gegen Mitternacht klart es für eine kurze Zeit auf und es gehen sich ein paar Deep Sky Blicke aus. Leichter Dunst läßt die Farben der Sterne sehr deutlich werden.

Nach Mitternacht werden die Bedingungen so schlecht, dass es definitiv keine lange Beobachtungsnacht wird. Der abenteuerliche Transport meiner Ausrüstung durch den Schnee wäre nicht notwendig gewesen. Wir waren so eine kleine Gruppe, dass das Hauptteleskop der Sternwarte gereicht hat.

Mariazeller Advent

Freitag, 9. Dezember 2005

Nach und nach treffen heute alle Teilnehmer an der Winter Star Party ein - sieht man von schwerwiegenden Navigationsfehlern einmal ab. Das Wetter präsentiert sich total unastronomisch, es ist grau in grau und es schneit. So bleibt viel Zeit, den romantischen Mariazeller Adventmarkt zu genießen.

Treffpunkt ist unter dem riesigen Adventkranz, dem Wahrzeichen des Mariazeller Advents. Hier kann man sich nicht verfehlen, denn den übersieht so leicht niemand. Bei einem heissen Punsch wird einem bald wärmer, und die meisten brauchen sich auch keine Sorgen über die Promille machen. Nur die beiden Chauffeure der Geländeautos - Günther und ich - müssen passen.
Wir fahren auch kurz auf die Sternwarte hinauf, doch die Bedingungen lassen keine ernsthafte Tätigkeit zu. Immerhin - die, die Sternwarte zum ersten Mal sehen, sind auf Anhieb begeistert. Wir lassen den Abend bei Kerzenlicht im Haus Franziskus ausklingen. Da wir jetzt schon sehr viele sind und auch, um die anderen Gäste nicht zu stören, wählen wir den Speisesaal anstatt des Wintergartens.

Es war kein Abend zum Beobachten, schade. In der Hoffnung auf besseres Wetter beenden wir unsere Zusammenkunft für heute.

Party, mit und ohne Stars

Samstag, 10. Dezember 2005

Der Samstag weckt uns mit Sonnenschein und teilweise blauem Himmel, Hoffnung kommt auf. In Erwartung der Winter Star Party schaufeln wir die Beobachtungsplätze auf der Sternwarte frei. Aus den Schneemassen bauen wir sogar eine Schneebar auf.

Doch leider hält heute nicht einmal die genaueste Prognose. Das Kleinklima von Mariazell macht uns auch heute einen Strich durch die Rechnung - die letzten Wolken bleiben genau im Talkessel hängen. Überall sonst klarte es am Abend auf, auch in ganz nahe gelegenen Ortschaften. Schade, das ist echtes Pech, aber was soll's. Zu Feiern gibt es trotzdem etwas, nämlich den Geburtstag zweier unserer Mitglieder. Einmal mehr kann die Mariazeller Sternwarte ihre Qualitäten als Partylocation unter Beweis stellen.

Für ein paar Minuten sieht es ja wirklich so aus, als würde die Wolkendecke aufbrechen. Der Mond zeigt sich kurz, aber lang genug, dass sich für Flinke sogar ein Blick durchs Fernrohr ausgeht. Es soll aber der einzige Blick durchs Fernrohr an diesem Abend bleiben. Doch noch ist der Abend lang und die Party voll im laufen. Stars sind diesmal eben unsere Geburtstagskinder.
Eine geführte Adventwanderung kommt vorbei und verbreitet mit ihren Laternen weihnachtliche Stimmung. Doch ausser dem herrlichen Panorama gibt es leider nichts zu sehen. Wir warten lange, doch gegen ein Uhr geben wir dann doch auf. Unglaublich, dass keine zehn Kilometer entfernt schon klarer Himmel geherrscht haben soll.

Vielleicht hätten wir ja nur mehr eine Stunde, vielleicht sogar weniger, warten sollen. Doch irgendwann geht dann doch die Motivation aus. Ein wenig Enttäuschung bleibt natürlich, aber das ist eben Astronomie in unseren Breiten. Wir von der WAA und vom Astroteam wissen wenigstens, wie wir die Stimmung dennoch heben können.

Walking in a Winter Wonderland

Sonntag, 11. Dezember 2005

Es ist einfach unglaublich. Sonntagmorgen: Strahlend, brillant, glasklar, als ob es in Mariazell noch nie eine Wolke gegeben hätte. Ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch oder der Fremdenverkehrswerbung.

Wir sollten abreisen. Irgendwie kommt mir ein bekannter Liedertext in den Sinn ...

Am Sunntog auf d' Nocht montier' i die Schi
auf mei Auto, oba dann überkummt's mi,
und i schau no amoi auffe, und denk ma: Aber wo,
i fohr' no net z'aus, i bleib' am Montog a no do!

Nur, dass es erst Vormittag ist, nicht die Schi sind sondern das Fernrohr und dass das mit Montag aus beruflichen Gründen nicht so klappen wird. Aber zum Glück wird es ja schon sehr früh dunkel. Ein Abend sollte sich noch ausgehen. Was folgt, ist ein Astro-Brunch: Eine Wortschöpfung, die ich hiermit aus der Taufe hebe. Brunch ist die Kombination von Frühstück (Breakfast) und Mittagessen (Lunch). Für Astronomen ist das Beobachten von Gestirnen am Tag sozusagen das Frühstück und das eigentliche Beobachten am Abend die Hauptmahlzeit. Also Astro-Brunch.

Beobachtungsobjekte sind, je nach Tages- und Nachtstunde, jedenfalls Sonne, Mond, Venus, Mars, Saturn, Doppelsterne und Deep Sky Objekte. Der Nachmittag und der Abend sind so einmalig, dass hier nur mehr Bilder sprechen sollen. Ich widme sie allen, die früher heimfahren mussten.


Strahlender Nachmittag. Wir beobachten die Sonne.


Sonnenuntergang. Im Fernrohr ist die Venus schon ein Hit.


Dämmerung. Mond und Mars stehen auf dem Programm.


Winternacht wie im Märchen.

Unser kleines Restgrüppchen, das bis zuletzt hier ausgeharrt hat, staunt wortlos angesichts des umwerfenden Panoramas, das Mariazell in dieser hellen Mondnacht hier von der Stehralm aus bietet. Bis dato haben wir derartige Bilder, wie sie in Werbespots oder Reiseprospekten vorkommen, für manipuliert gehalten, aber nein, das ist real. Der warm beleuchtete Ort, umgeben von schneebedeckten Bergen in Mondlicht, das Bild kann sogar die Kälte ausstrahlen, die mittlerweile herrscht. Einhellige Meinung: Es fehlt nur mehr der bunt beleuchtete Coca-Cola Truck!


Always ... Mariazell!

Alle 20 Minuten sinkt die Temperatur um ein Grad. Gegen 20 Uhr sind -13°C erreicht. Angesichts des Mondlichts fällt die Beobachtung und auch das Fotografieren schwacher Deep Sky Objekte aus. Alles andere haben wir gesehen. Es ist Zeit, nach Hause aufzubrechen. Die Eindrücke, vor allem des heutigen Tags, werden uns lange in Erinnerung bleiben.

Text: Alexander Pikhard. Fotos: Günther Eder, Reinhard Tlustos und Alexander Pikhard.